Helmut Lent – Mythen und Fakten

Gibt es eigene Aussagen von Helmut Lent?
War Helmut Lent ein Nazi, obwohl er nicht in der NSDAP war?
Wieviele persönliche Begegnungen hatte Helmut Lent mit Adolf Hitler
Wurde Helmut Lent in Stade christlich/kirchlich beigesetzt?
Zeigt eine Todesanzeige von Helmut Lent seine Distanz zum Nationalsozialismus?
Wer war Lena Lent?

Gibt es eigene Aussagen von Helmut Lent?
Schreiben und Eigenberichte von Helmut Lent finden sich im Lent-Erinnerungsbuch, das von seiner Frau Lena zusammengestellt und z.T. auch geschrieben wurde. Das umfangreichere Exemplar im Landesarchiv Stade ist am Anfang mit Datum vom 3.9.1945 und am Ende von Lena Lent unterschrieben. Dieses Exemplar vom Lent-Erinnerungsbuch wurde 1966 bei Sotheby in London versteigert und die untenstehenden Schreiben und Aussagen sind ihm entnommen. Ein weiteres Exemplar vom Erinnerungsbuch „das ungebrochen ‚Führergläubigkeit‘ und Verabsolutierung des Militärischen, des Kampfes widerspiegelt“ (so Dr. Bohmbach, Leiter vom Stadtarchiv Stade am 23.06.2004) befindet sich im Bestand des Stadtarchives Stade.
Eigenbericht Helmut Lent vom 1.09.1939 (vor dem Überfall auf Polen):
„Jeder von uns weiß, daß heute ein schicksalschwerer Abschnitt Weltgeschichte beginnt, der nicht mit Worten und auf Papier, sondern mit Blut geschrieben wird.
Jeder von uns ist sich seiner Verantwortung bewußt, daß er mit dazu beizutragen hat, dass das deutsche Volk vor der Geschichte bestehen kann, daß Deutscher Fliegergeist im neuen Glanze erstrahlt, daß des Führers große Hoffnung auf seine Luftwaffe nicht enttäuscht wird.
Für 4,30 ist der Start angesetzt. Der Auftrag lautet kurz: Begleitschutz für Kampfverbände, die den Fliegerhorst Krakau um 5,30 angreifen…“
Lena Lent im „Erinnerungsbuch“:
„… seine Schreiben vom 22.6. und 18.8.1944 an die Herren Kommandeure lassen deutlich seinen Charakter und seine Lebensart erkennen.“
„ Man lese nur seine Schreiben an die Kommandeure vom 22.6.44 und 18.8.1944, um zu wissen, welche hohen Aufgaben er jedem Gruppenkommandeur stellt – alles Aufgaben, denen er sich selbst unterworfen und die er auch selbst durchgeführt hat.“
Helmut Lent am 22.6.1944 an seine Kommandeure:
„Ein guter Kommandeur ist wie ein hervorragender Schäferhund, der überall herumspürt, der da, wo schlechtes Gesindel sich herumtreibt, zubeißt, der seine Schafherde zusammenhält, der den Wolf oder das Raubtier, das in die Herde einfallen will – angreift und vernichtet. Die Männer seiner Gruppe müssen dauernd das Gefühl haben, von ihrem Kommandeur kontrolliert zu werden. Sie müssen sich dauernd beobachtet fühlen. Es genügt nicht, dass der Kommandeur einmal im Monat seine Leute zusammennimmt, sondern er muß täglich und dauernd bei ihnen und unter ihnen sein. Er muß mit seiner Härte sparen. Zunächst muß er versuchen, väterlich fürsorglich zu ermahnen und anzuspornen und die Peitsche muß das letzte Mittel sein. Und wenn sie angewandt wird, dann muß der Peitschenhieb treffen. Ein deutscher soldatischer Führer knallt nicht mit der Peitsche, sondern er schlägt zu, wenn er sie braucht. Der Kommandeur muß seine Besatzungen treten, wenn sie bei erfolgversprechendem Ansatz ohne Abschuß nach Hause kommen.“
„Ein besonderes Augenmerk muß der Kommandeur auf die neu hinzugetretenen Besatzungen legen. Er hat dafür zu sorgen, dass sie im Milieu des Nachteinsatzes sofort zu Hause sind. Wenn sie aber dann keine Erfolge bringen, dann sind sie zuerst zu ermahnen, dann aber unter Umständen zu bestrafen. Feiglinge müssen erbarmungslos ausgerottet werden.“
„Wir sind in der entscheidenden Phase dieses Krieges angelangt. Durch den Einsatz unserer neuen Waffen ist das Vertrauen nicht nur des deutschen Menschen in der Heimat, sondern auch des deutschen Soldaten an der Front zur Führung und vor allem auch zum Endsieg unerhört gewachsen. Es beginnt nun der Endspurt. Ich bin gewiss, dass der Endsieg nicht mehr fern ist, wenn auch der kleine Nachtjäger irgend einer Nachtjagdgruppe mit noch mehr Einsatzfreudigkeit und noch größerer Verbissenheit und vor allem noch größeren Erfolgen gegen den Feind fliegt.“
Helmut Lent am 18.8.1944 „An die Herren Kommandeure“:
„Die wirksamste Belehrung ist selbstverständlich eine Fahrt durch die zerstörten Städte. Die Besatzung, die dann noch nicht weiß, was sie zu tun hat, ist feige und muß ausgerottet werden.“
„Kein ehrlicher, anständiger deutscher Soldat darf es dulden, dass das Vaterland in noch so schwieriger Situation im Stich gelassen wird.“
„Vorallem aber ist es notwendig, den Soldaten klar aufzuzeigen, was geschehen würde, wenn es den Feinden gelänge, tatsächlich über uns herzufallen.“
„Für uns bleibt als logischer Schluß nur die eine Antwort, daß wir in leidenschaftlicher und fanatischer Weise bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.“
„Die deutsche Geschichte ist nicht arm an Beispielen, in denen härteste Entschlossenheit und höchste Vaterlandsliebe auch in aussichtslos erscheinenden Situationen doch am Ende die Rettung des Vaterlandes zur Folge hatte. Wir wollen nur an diese geschichtlichen Vorbilder denken und uns von ihnen aufrichten lassen, aber auch die neueste deutsche Geschichte, dieser Weltkrieg bringt Ereignisse und Beispiele, die das Herz eines jeden deutschen Soldaten höher schlagen lassen. Denken wir nur an die Antwort des Kommandanten von St. Malo auf die Aufforderung zur Übergabe an die Amerikaner: „Eine Übergabe läßt sich mit der deutschen Soldatenehre nicht vereinbaren!“ Denken wir auch immer daran, daß sich eine Kapitulation oder ein unwürdiger Friede mit der deutschen Ehre nicht vereinbaren läßt.“

War Helmut Lent ein Nazi, obwohl er nicht in der NSDAP war?
Eine Mitgliedschaft in der NSDAP war Helmut Lent als Wehrmachtsangehörigen nach dem Wehrgesetz vom 21.05.1935 nicht möglich:
„§ 26. Politik in der Wehrmacht. (1) Die Soldaten dürfen sich politisch nicht betätigen. Die Zugehörigkeit zur NSDAP oder zu einem der ihr angeschlossenen Verbände ruht für die Dauer des aktiven Wehrdienstes.“
Helmut Lent konnte aufgrund seines Alters vor Eintritt in die Wehrmacht nicht Mitglied der NSDAP werden, nach Eintritt war eine Mitgliedschaft in der NSDAP nicht möglich.
Erst durch eine Änderung des Wehrgesetzes zum 24. September 1944, also kurz vor dem Flugunfall von Helmut Lent, wurde Wehrmachtsangehörigen die Mitgliedschaft in der NSDAP ermöglicht. Das veränderte Wehrgesetz gab aber auch vor:
„§ 26. Politische Stellung der Wehrmachtangehörigen. (1) Die Angehörigen der Wehrmacht haben die Pflicht, dienstlich und außerdienstlich im Sinne nationalsozialistischer Weltanschauung zu wirken und sich jederzeit für sie einzusetzen. Es ist eine der wesentlichsten Aufgaben aller Offiziere, Unteroffiziere und Wehrmachtbeamten, ihre Untergebenen nationalsozialistisch zu erziehen und zu führen.“
Nationalsozialistisches Gedankengut gab Lent schon ab Frühjahr 1933 als ein Jungzugführer von 30 – 45 Kindern/Jugendlichen und ab 1935 als Fähnleinfüher von 120 – 180 Kindern/Jugendlichen beim Deutschen Jungvolk, einer Jugendorganisation der Hitler-Jugend, weiter. Ziel des Deutschen Jungvolks war es (lt. wikipedia), die Jugend im Sinne des Nationalsozialismus zu indoktrinieren, in Loyalität zu Adolf Hitler zu erziehen und vormilitärisch auszubilden.
In einer Beurteilung vom 28.10.1941 durch Hauptmann Ehle wird Helmut Lent bescheinigt:
„Oberstleutnant Lent steht fest auf dem Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung und ist in der Lage, nationalsozialistisches Gedankengut weiterzugeben.“
Reichsmarschall Hermann Göring, als Vertreter des Führers, beim feierlichen Staatsakt für Helmut Lent am 11.10.1944 in der Reichskanzlei:
„Er war ein Kämpfer durch und durch mit all den starken Eigenschaften, die einen Kämpfer und Helden prägen. Er war aber nicht Soldat, nicht nur Kämpfer, er war auch ein leidenschaftlicher Anhänger unserer nationalsozialistischen Weltanschauung und auch hier Erzieher und Vorbild seiner Männer. Er wußte um die großen Kräfte, die aus dieser Bewegung strömen.“
„Dank und Anerkennung läßt der Führer Dir, mein lieber Lent, in diesem Augenblick noch einmal durch meinen Mund aussprechen. Und diesem Dank Deines Führers schließe ich den Dank der ganzen Luftwaffe an,…“

Wieviele persönliche Begegnungen hatte Helmut Lent mit Adolf Hitler?
Zu einem erstem Treffen kam es nach dem Überfall auf Polen, als Adolf Hitler am 14. September 1939 beteiligte Luftwaffeneinheiten inspizierte.
Helmut Lent: „Am Sonntag war der Führer bei uns und beglückwunschte mich zu meiner glücklichen Notlandung. (In den Zeitungen bin ich auch auf dem Bild). Am Mittwoch besuchte uns Göring und anerkannte die großen Erfolge unserer Gruppe … „
Lent wurde am 28. Juni 1942 persönlich von Adolf Hitler mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet. Der Verleihung schloss sich ein Abendessen mit Adolf Hitler und Reichsmarschall Hermann Göring an. Die Verleihung fand, wie die späteren Ordensverleihungen auch, im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ in Ostpreußen statt.
Helmut Lent: „Jetzt am 28. und 29.6. war ich nun im Führerhauptquartier und beim Reichsmarschall, um mir die Auszeichnung abzuholen. Ich hatte die Ehre, bei beiden zum Abendessen geladen zu sein.“
Am 10. August 1943 wurde Lent von Adolf Hitler mit den Schwertern zum Ritterkreuz ausgezeichnet. Am 10. Januar 1944 ist Lent erneut im Führerhauptquartierum, um von Hitler die Urkunden für das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern zu erhalten.
Lena Lent: „Am 10. Januar fährt Helmut in’s Führerhauptquartier, um sich die Urkunden für das Ritterkreuz, das Eichenlaub und die Schwerter abzuholen. … Anschließend ist Helmut am 12. Januar zum Geburtstag des Reichsmarschalls nach Karinhall befohlen.“
Lena Lent: „In der Nacht zum 1. August kommt das Telegramm durch, daß Helmut mit den Brillianten ausgezeichnet worden sei, die er sich am 24. August vom Führer abholt.“
Am 25. August 1944 wird dann Helmut Lent von Adolf Hitler mit den Brillianten zum Ritterkreuz ausgezeichnet.

Wurde Helmut Lent in Stade christlich/kirchlich beigesetzt?
In Stade fand am 12.10.1944, nachdem bereits am 11. Oktober ein Staatsakt in der Reichskanzlei in Berlin stattfand, ein von Adolf Hitler angeordnetes feierliches Staatsbegräbnis für Lent und seine Besatzung als letzte besondere Auszeichnung statt. Der propagandistische Charakter der Beisetzung wird sowohl im „Erinnerungsbuch“ von Lena Lent als auch in „The Lent Papers“ von Peter Hinchliffe durch eine Vielzahl von Fotos dokumentiert.
Generalmajor Ibel in seiner Ansprache anläßlich der Beisetzung von Helmut Lent am 12.10.1944:
„Sein Glaube an den Sieg und unserer gerechten Sache war felsenfest und ist gerade in den letzten schweren Monaten nur fester geworden. Dieser Glaube lag begründet in seiner heißen Liebe zur Heimat und seiner unübertrefflichen Treue zum Führer und seiner Sache.“
Staatssekretär Ahrens in seiner Ansprache: „Wir wissen …. daß Du mit Fanatismus sondergleichen alles getan hast, was menschenmöglich war, um den Feind Schaden zuzufügen. Um Dir das hier an Deinem Grabe zu sagen, hat mich unser Gauleiter und Reichsstatthalter heute hierher entsandt.“
Noch im März 1945 planten das Oberkommando der Luftwaffe und das Oberkommando des Heeres eine Umgestaltung des Garnisonsfriedhofes in Stade, damit im Mittelpunkt eines neuen Ehrenhaines die Begräbnisstätte von Lent und seiner Besatzung liegt.

Zeigt eine Todesanzeige von Helmut Lent seine Distanz zum Nationalsozialismus?
In den Todesanzeigen unmittelbar nach dem Flugunfall von Helmut Lent schreibt Lena Lent im Namen aller Angehörigen „ (Helmut Lent)…, starb am 7. Oktober 1944, vom Feinde unbesiegt, den Fliegertod.“ In dieser Todesanzeige, wie auch in der späteren Danksagung von Lena Lent im Namen aller Angehörigen, fehlt jeder Bezug zum christlichen Glauben von Helmut Lent. In der Traueranzeige und der späteren Danksagung findet sich das Eiserne Kreuz der Wehrmacht mit Hakenkreuz in der Mitte.
Dr. Vogel vom ZMSBw schreibt in seinem Gutachten vom 28.01.2016: „Am 24.11.1944 erschien auf Veranlassung der Angehörigen in der Deutschen Allgemeinen Zeitung eine Todesanzeige Lents, die nicht die übliche Floskel ‚gefallen für Führer, Volk und Vaterland‘, sondern ein klares Bekenntnis zum Christentum und Vaterland enthielt. Die Gestapo leitete eine Untersuchung gegen Ehefrau, Bruder und verantwortlichen Redakteur ein. Diese konnten jedoch – wie die Überlieferung der Familie weiß – glaubhaft machen, das Lent in Vorahnung seines Todes seine Todesanzeige selbst abgefasst und jede Bezugnahme auf den Nationalsozialismus untersagt hatte. Auf diese Weise erreichten sie eine Einstellung des Verfahrens.“
(Anm.: Die von Dr. Vogel erwähnte Floskel ‚gefallen für Führer, Volk und Vaterland‘ traf auf Lent nicht zu, da er bei einem Flugunfall ums Leben kam.)
Die Anzeige („Im festen Glauben an Jesus Christus hat der Brilliantenträger Oberstleutnant Helmut Lent sein junges Leben im Einsatz für sein Vaterland vollendet. Jer 31,3“) erschien erst knapp sieben Wochen nach dem Tode von Helmut Lent, enthielt aber auch das Eiserne Kreuz der Wehrmacht mit einem Hakenkreuz.
Eine Unklarheit zum in der Todesanzeige genannten Spruch Jeremia 31,3 findet sich im Buch „The Lent Papers“. Peter Hinchliffe benennt auf Seite 279 Jeremia 3,13 (bei dann falscher Wiedergabe des Textes) als gewünschten Bezug in der Todesanzeige.
Jeremia 31,3 lautet:
„Der Herr ist mir erschienen von Ferne: Ich habe dich je und je geliebet, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte“
Jeremia 3,13 lautet:
„Allein erkenne deine Missetat, daß du wider den Herrn, deinen Gott gesündiget hast, und bist hin und wieder gelaufen zu den fremden Göttern unter allen Bäumen, und habt meiner Stimme nicht gehorcht , spricht der Herr“
Es ist äußerst zweifelhaft, ob es eine Ermittlung der Gestapo wegen der Traueranzeige in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ gab. Im Buch „The Lent Papers“ von Peter Hinchliffe wird auf Seite 282 ein Zeitungsartikel mit der Titelzeile „Lents letzter Wille rettet seine Familie vor dem KZ  Nachruf ohne Hitlerglaube“ abgedruckt, den er der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ im Januar 1945 zuordnet. Der Artikel weckt den Anschein, es hätte eine Ermittlung seitens der Gestapo gegen die Familie von Lent gegeben. Der von Hinchliff abgedruckte Artikel erschien allerdings am 2. Januar 1945 in der amerikanischen Propagandazeitung „Nachrichten für die Truppe“ und wurde als Mittel der psychologischen Kriegsführung per Flugzeug über Deutschland abgeworfen. Dieser amerikanische Propagandaartikel wird von Befürwortern des Kasernennamens als ein Beleg für die Distanz von Lent zum Nationalsozialismus verwendet.
Lena Lent hielt es in ihrem „Erinnerungsbuch“ nicht für erwähnenswert, die Traueranzeige vom 24.11.1944 aufzuführen und auch eine Untersuchung durch die Gestapo wird nicht beschrieben.

Wer war Lena Lent?
Die Heirat von Helmut Lent mit der in Moskau geborenen Helene (Lena) Senokosnikov wird immer als Argument genommen, dass Lent sich über die Rassepolitik der Nationalsozialisten hinweggesetzt hätte, weil er eine Russin geheiratet hat. Ein kurzer Blick auf die Herkunft seiner Ehefrau Lena.
Im Personalnachweis der Wehrmacht von Helmut Lent findet sich als Heiratsvermerk: „Hamburg- Wellingsbüttel, den 10.09.1941 mit Helene Senokosnikow, geb. 24.4.1914, griech.kath., Tochter des Kaufmanns Trifon S. in Hamburg.“
Der Vater von Lena Lent war ein wohlhabender Kaufmann in Moskau. Er verließ die Stadt nach der Oktoberrevolution 1917. Drei Jahre später folgte die Familie. In Hamburg gründete er eine Handelsgesellschaft. Die Familie wird im Buch „The Lent Papers“ als sehr erfolgreich und wohlhabend beschrieben.
Helene Senokosnikov arbeitete vom 1.4.1936 – 1.6.1942 bei gutem Gehalt in der Firma ihres Vaters als Korrespondentin/Fremdsprachenkorrespondentin. In dieser Zeit war sie Mitglied bei der DAF (Deutsche Arbeitsfront), der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) und bei KdF (Kraft durch Freude).
(Anm.: Laut § 3 der Satzung der NSV vom 14.08.1933 konnte „jeder unbescholtene Angehörige des deutschen Volkes Mitglied werden, der das 21. Lebensjahr vollendet hat und rein arischer Abstammung ist“.)
Seit 1938 besass Helene Senokosnikov den Ariernachweis. Sie suchte um die Jahreswende 1939/40 unter einem falschen Namen Kontakt zu Helmut Lent. Kurze Zeit nach einem ersten Treffen im noblen Hotel „Reichshof“ in Hamburg fuhren beide auf Skiurlaub.
Das Reichssippenamt bestätigte am 8.9.1941, dass es keine Bedenken gegen eine Heirat gäbe und daß Fräulein Senokosnikow deutschen oder artverwandten Blutes ist: „Die arische Abstammung der Helene Senoskosnikow wird anerkannt.“
Helmut und Lena Lent profitierten allerdings von dem rasseideologischen Zwangscharakter des NS-Regimes. In ihrem Haushalt in Stade wurde ab dem 06.08.1943 eine erst 18-jährige ukrainische Zwangsarbeiterin eingesetzt.
Nach dem Flugunfall von Helmut Lent erhielt Lena Lent ein Telegramm von Adolf Hitler mit folgendem Inhalt:
„ZU DEM SCHWEREN VERLUST DER SIE DURCH DEN FLIEGERTOD IHRES GATTEN BETROFFEN HAT SPRECHE ICH IHNEN MEIN AUFRICHTIGES UND TIEFEMPFUNDENES BEILEID AUS“
Anfang Dezember 1944 teilte der Kreisleiter der NSDAP der Stadt Stade fernmündlich mit, dass die Witwe des Oberstleutnants Lent sich in Stade ein Wohnhaus bauen möchte und dass der Gauleiter der NSDAP den Wunsch äußert, dass die Stadt Stade ihr einen Bauplatz überlässt.
Die Stadt Stade überließ daraufhin Frau Lent und ihren Kindern zu gleichen Teilen als Schenkung ein 1.177 qm großes Baugrundstück in exclusiver Lage im Wert von 3.531 RM.
Das Baugrundstück wurde 1949 von der Stadt Stade zum Preis von 3.531 DM von Frau Lent zurückgekauft, da es nicht zu einer Bebauung kam und Lena Lent aus Stade weggezogen war.
Am 2. Januar 1945 bekam Lena Lent aus dem Führerhauptquartier die Mitteilung, dass Adolf Hitler aus seinem persönlichen Verfügungsfond jeder ihrer beiden Töchter 5.000 Reichsmark für spätere Ausbildung und Aussteuer bewilligt hat.
Lena Lent bedankte sich am 20. Januar 1945 und führte in ihrem Schreiben aus:
„Da ja die Urkunde zu den Brillianten später ausgehändigt wird, wäre es für mich ein Erlebnis einzigartiger Art sie aus der Hand des Führers empfangen zu dürfen. … Ich spreche nochmals meinen Dank aus und bin mit Heil Hitler Lena Lent“

Benutzte Materialien für die Zusammenstellung:
Bestände beim Bundesarchiv Freiburg, Aktenvorgänge im Bestand vom Niedersächsischen Landesarchiv Stade und im Stadtarchiv Stade, das „Lent-Erinnerungsbuch“ (Exemplar im Niedersächsischen Landesarchiv Stade und im Stadtarchiv Stade), „The Lent Papers“ von Peter Hinchliffe und „The Night Hunter’s Prey“ von Iain Gordon

Michael Quelle (MichaelQuelle@gmx.de)                    Stade, den 10.03.2018