Rede 1.12.2012 in Harsefeld:

Herr Alfred L.stellen sie sich endlich der Justiz in Italien!!!

Zwei regionale Beispiele für den Umgang mit NS-Tätern

Juni 1945 wurde Otto Wendland auf einem Bauernhof in Harsefeld, auf dem er sich versteckt hielt, von den Engländern verhaftet.
Wendland war bis 1935 Stader SS-Führer. Die nächsten Jahre sollte er in der Hierarchie der SS bis zum Obersturmbannführer aufsteigen. Vertretungsweise war Wendland im Sommer 1942 Leiter der Einsatzkommandos 7a und 9.
Die Einsatzkommandos waren verantwortlich für Massaker an mehreren hunderttausend Zivilisten in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.
Beim Einsatzkommando 9, es bestand lediglich aus etwa 130 Personen, traf Wendland wahrscheinlich auf Gustav Wolters. Wolters, Stader SS-Mann seit 1933, gehörte dem Kommando vom Juni 1941 bis November 1942 an.
Nach eigenen Angaben ermordete das Einsatzkommando 9 im Sommer 1941 innerhalb von vier Monaten über 11.000 Juden.
Wolters war nach eigener Aussage an drei Massenerschießungen als Schütze direkt beteiligt.

Wendland wurde nach dem Krieg wegen Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Strafe war durch Internierungshaft verbüßt.
Seit 1951 war Wendland als Fachgruppenleiter beim DRK in Hamburg beschäftigt.
Die Staatsanwaltschaft Stade stellte in den sechziger Jahren ein Verfahren gegen Gustav Wolters ein.
Wolters führte bis 2002 sein Feinkostgeschäft in Stade.
Bei Geschäftsaufgabe erhielt er einen Brief vom damaligen Bundeskanzler Schröder.
Schröder sprach ihm „Anerkennung und Dank“ für Lebensleistung aus.

Den Umgang der deutschen Justiz bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen machen folgende Zahlen deutlich.
Staatsanwaltschaften leiteten von 1945 bis 2005 Ermittlungsverfahren gegen mehr als 172 000 Beschuldigte ein. Es wurden nur 16 740 Personen angeklagt und lediglich 6656 rechtskräftig verurteilt.

Alfred L.
Im Sommer 2011 wurden in Verona/Italien nach umfangreichen Ermittlungen ehemalige Wehrmachtssoldaten der Division Hermann Göring wegen Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung verurteilt.
Gegen Alfred L., pensionierter Forstamtmann aus Harsefeld-Ohrensen wurde eine Strafe von zweimal lebenslänglich verhängt. Das Urteil gegen ihn wurde im Oktober 2012 in zweiter Instanz bestätigt. Im nächsten Jahr wird der Prozess wahrscheinlich endgültig mit der 3. Instanz abgeschlossen.
Das Gericht hielt Alfred L. da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist nenne ich nicht den vollen Namen, für schuldig, der direkten Beteiligung an Massakern.
Alfred L. wollte sich 1943 durch seine freiwillige Meldung zur Division Hermann Göring seinen Berufswunsch, er wollte Förster werden, erfüllen.
Für Alfred L. sollte sich später sein Berufswunsch erfüllen.
Er war ein geachteter Förster, wurde im Frühjahr 2012 für 70 Jahre Mitgliedschaft in der Jägerschaft geehrt und kann auch auf eine Ehrenmitgliedschaft im Jagdgebrauchshundverein blicken. Mehrere Organisationen benennen ihn als Förderer.

Zerstört, vernichtet wurden in Italien die Hoffnungen, Wünsche und das Leben der Männer, Frauen und Kinder, die in den Massakern ermordet wurden, für die Wehrmachtssoldaten der Division Hermann Göring verantwortlich sind.

Familienangehörige der Opfer haben den Prozess in Verona verfolgt. Sie haben von ihren Verlusten berichtet und ihre schmerzhaften Erinnerungen geschildert.

Ein Wort der Entschuldigung, ein Zeichen der Reue, ein Schuldanerkenntnis haben sie von den Angeklagten und Verurteilten ehemaligen Wehrmachtssoldaten der Division Hermann Göring nicht bekommen.
Herr Alfred L. stellen sie sich endlich der Justiz in Italien!!!